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  • jannesinruanda

Das Wandern ist des Martins Lust

Im dritten Term hatten wir wieder den gleichen Stundenplan, wie schon vor den Ferien, deswegen mussten wir uns nicht großartig umstellen und inzwischen waren wir ja eh Profis im Unterrichten. Am Freitag (14. April) ging es für Nelio und mich nach Kabale, denn dort waren wir auf dem Geburtstag von meinem Namensvetter Janis eingeladen. Wir nutzten die Chance, das Wochenende in Uganda zu sein, um eine Wanderung zum Lake Bunyonyi zu machen. Zufällig war dieses Wochenende auch die Abschiedsparty von Bojan, einem anderen Freiwilligen von einer anderen Organisation, der mit uns auf Sansibar war und mit dem ich mich allgemein sehr gut verstand. Wir überraschten ihn freitags also, indem wir plötzlich auf der Party auftauchten. Samstags standen Nelio und ich dann zeitig auf, denn wir hatten ja was vor. Der Anfang der Wanderung führte uns über kleine Wege durch Kabale. Anschließend gingen wir auf der Straße zum See. Am Seitenrand sahen wir viele Steinbrüche, auf denen Frauen, Männer und Kinder arbeiteten. Sie saßen auf dem Boden und zerkleinerten die Steine mit Hämmern. Immer mal wieder rannten uns Kinder hinterher oder redeten mit uns. Meistens schrien sie „Hello“ und „Umuzungu“ fragten uns, ob sie Geld haben können. Nach ca. der Hälfte der Strecke verließen wir die Straße und folgten einem kleineren Waldweg. Mit wunderschöner Aussicht folgten wir den Weg bis zu einem kleinen Dorf. Dort fragten wir nach „crazy Yannick“, bei dem ein schöner Aussichtspunkt ist. Nach kurzer Zeit herumfragen, stoßen wir auf zwei Männer. Der eine Mann war etwas angetrunken und wollte uns dazu überreden, in sein Haus zu kommen. Wir lehnten das Angebot ab, da wir uns sehr unwohl fühlten. Der andere Mann führte uns über kleine Gassen durch das Dorf den Berg hoch. Oben angekommen waren wir am Aussichtspunkt. Dort zeigte uns Yannick sein Gelände. Nelio und ich machten dort unsere Mittagspause und genossen die Aussicht. Nach unserer Pause wanderten wir auf einem neuen Weg wieder zurück Richtung Kabale. Nach ca. 18km stiegen wir auf ein Boda und fuhren wieder zur WG. Dort waren inzwischen auch Cora, Charlotte, Lilly, Maike und Theresa angekommen, die gerade auf dem Rückweg von ihrem Urlaub in Uganda waren. Abends feierten dann wir Ruander mit den Kabalefreiwilligen Janis' Geburtstag, bevor es sonntags dann wieder zurück nach Ruanda ging.

Das Wochenende drauf (21./22. April) fuhren Nelio, Georg und ich spontan nach Musanze, um dort nochmal eine Wanderung zu machen. Leider war ich bereits auf dem Kigali, als die Entscheidung getroffen wurde, weshalb ich mir noch irgendwoher Wanderschuhe besorgen musste. Schlussendlich konnte ich mir von meinem Freiwilligenkollege Peter seine ausleihen, diese waren mir leider ein bisschen zu klein, was dann in Blasen an beiden Füßen resultierte. Wie immer, wenn wir im Norden nächtigten, taten wir dies bei La Pailotte. Als wir das Gebäude betraten, trafen wir zufälliger Weise einige Ugandafreiwillige, die auf den Mount Bisoke wanderten. Unser Ziel am nächsten Tag dagegen war das Grab von Dian Fossey. Dian Fossey ist eine sehr bekannte amerikanische Berggorillaforscherin. Sie forschte im Kongo und in Ruanda und gründete eine eigene Forschungsstation im Volcano National Park. Im Dezember 1985 wurde sie morgens tot in ihrem Zelt aufgefunden. Bis heute ist nicht geklärt, wer sie ermordet hatte. Wir wanderten zuerst zwischen Feldern auf kleinen Wegen, um zum Parkeingang zu gelangen. Dort angekommen wurden wir von vier Soldaten begleitet. Wir wanderten durch den Regenwald des Parkes und hatten zu kämpfen mit dem schlammigen Untergrund. Nach drei Stunden waren wir an der Forschungsstation angekommen. Von der war jedoch noch weniger übrig als auf der Website stand. Dennoch war es sehr schön und unser Guide erklärte uns sehr viel über die Geschichte. Das Einzige, was noch übrig ist, ist der Friedhof. Dort sind einige Gorillas und Dian Fossey begraben. Auf unserem Rückweg sahen wir leider auch keine Tiere, was jedoch aufgrund der schönen Vegetation nicht so dramatisch war.

Am 28. April half ich nach dem allwöchentlichen Kinyarwanda-Kurs Nico bei seinem Gartenprojekt an der GS Kimisagara. Mit Unterstützung von einigen Esperance-Freiwilligen und später auch noch Georg und Nelio, bauten wir mehrere Maracujabeete. Leider wurde das Holz, welches wir verwendeten in den nächsten Wochen abmontiert und geklaut. Unter der Woche gab es für Katharina und mich mal wieder Spätzle. Blöderweise war mein Spätzlesieb noch in Kigali, da Nelio und ich am Wochenende Linsen mit Spätzle gemacht hatten. Daher hat ich meine Feuertaufe zum richtigen Schwaben, indem ich die Spätzle ganz traditionell schabte. Es gibt zwar noch ordentlich Verbesserungspotential im Aussehen und der Gleichheit der einzelnen Spätzle, aber geschmeckt haben sie trotzdem.

Das erste Maiwochenende (5./6.) verbrachte ich mit Ibrahim, Hannah, Georg und Nelio gemeinsam in Gisenyi, wo wir unter anderem im Kivusee schwimmen waren.

Und dann stand ja auch schon mein Geburtstag an, den ich bei Nico in Kamuhoza feierte. In der Vorbereitung dazu hatte ich 2 Träger, welche 2 bzw. 3 Bierkästen die 1,5 km auf dem Kopf zum Haus trugen! Es war ein sehr schöner Geburtstag, wenn auch ein wenig komisch, da es der erst ohne Familie war. Dafür kann ich jetzt sagen, dass ein Fußballprofi aus der ersten Liga auf meinem Geburtstag war. Michael, der ja selber 2. Liga spielt und mit dem wir am Wochenende immer einiges zu tun haben (vor allem natürlich Fußballspielen), brachte seinen Bruder Gilbert mit, welcher Stammspieler beim AS Kigali, dem letztjährigen Vierten der Primus National League, ist. Mittags an meinem Geburtstag (ich hatte reingefeiert) luden mich die Freiwilligen zum Halbfinalrückspiel im Pelestadium ein. Mein Bericht darüber hat es übrigens sogar in die aktuelle "11 Freunde" geschafft:

Samstag, 15 Uhr, strahlender Sonnenschein und gute Laune - perfekte Voraussetzungen für einen Fußballnachmittag. Als Weißer im Stadion natürlich eine Nebenattraktion, aber das ist man nach 9 Monaten und den vorherigen Stadionbesuchen in Ruanda schon gewöhnt. Deswegen zurück zum Fußball: Es stand das Halbfinalrückspiel im Peace Cup zwischen Rayon Sports (dem amtierenden Meister, der das Hinspiel 2:3 gewonnen hatte) und dem Mukura FC an. Gespielt wurde im Kigali Pelé Stadium. Es war ein munteres Spiel, jedoch ohne große Torchancen auf beiden Seiten. Mitte der 2. Halbzeit dann das Führungstor der Gastgeber durch einen satten Schuss von außerhalb des Strafraums vom Kameruner Onana. Vom Mukura FC, die in Huye beheimatet sind und daher die Möglichkeit auf ein Pokalfinale daheim hatten, kam weiterhin wenig. Als sich beide Seiten bereits mit dem Ergebnis arrangierten, fand doch noch ein Kopfball den Weg ins Tor. Allerdings zu spät, der Schiri pfiff die Partie gar nicht mehr an. Rayon Sports steht also im Finale des Peace Cups! Beim Feiern des Sieges bekamen die Spieler dann 500er und 1000er-Scheine (entspricht 40 bis 80 Cent) von den Fans für ihre Leistung in die Hand gedrückt. Jetzt steht aber erstmal der Ligaalltag an, wo der Verein mit der größten Fanbasis in Ruanda 2 Spieltag vor Schluss mit 5 Punkten Rückstand auf Platz 1 fast keine Chancen auf die Titelverteidigung hat. So war es übrigens dann auch und Rayon Sports wurde nur 3. in der Liga, konnte dafür aber den Peace Cup gewinnen.

Abends ging ich mit Georg und Nelio noch ins Steakhouse, quasi als Geburtstagsessen.

10 Tage später also am 23. Mai begann für Nelio, Georg und mich das große Abenteuer Karisimbi. Ich war am Vortag zu den anderen in Musanze gestoßen, die dort den Mount Bisoke bestiegen hatten, welcher von mir ja schon in 2022 bezwungen wurde. Dienstags begann dann also unsere Wanderung zum höchsten Punkt Ruandas und 11. höchsten Berg Afrikas. An den Headquarters wurde uns gesagt, dass wir alleine auf die Wanderung gehen würden, auf dem Weg zum Startpunkt wurden wir dann jedoch von 3 Halb-Amerikanern eingeholt, die sich uns anschlossen. Es hätten keine krasseren Gegensätze aufeinander treffen können: Wir, die Freiwilligen hier, die möglichst günstig die Sache angehen wollten mit Proviant von la Galette und ohne Porter, die fit und erfahren im Wandern sind. Und auf der anderen Seite die Amis, die eine Pauschalreise gebucht hatten, die eigene Köche und Porter hatten, die unter anderem eine Gasflasche hochtragen mussten, die nicht an die Höhe gewönnt waren (eine wollte deswegen schon umdrehen, bevor wir den Nationalparkeingang überhaupt erreicht hatten) und ein komplett anderes Fitnesslevel hatten als wir. Nichtsdestotrotz verstanden wir uns ziemlich gut mit ihnen. Unsere Tour startete wie immer außerhalb vom Park. Im Park wurden wir begleitet von mehreren Soldaten, Guides und Portern. Der Weg führte uns durch den Regenwald im Virunga National Park. Unsere erste Etappe war ca. 8km weit und 1000m Höhenmeter hoch und geprägt von Pausen, da wir immer auf die anderen warten mussten, was die Wanderung für uns aber entspannt machte. Gegen Nachmittag kamen wir an unserem Camp auf circa 3500m an und genossen die wunderbare Aussicht auf den Mount Bisoke, den Kongo und Ruanda. Wir überlegten kurz, ob wir direkt heute noch auf den Gipfel sollten, entschieden uns aber dagegen, was im Nachhinein vermutlich die falsche Entscheidung war. Übernachtet haben wir im Basecamp in einer kleinen Hütte, wo ich meine Hängematte, die in der Woche vorher in meinem "Osterpaket" gekommen war, direkt mal benutzte. In der Nacht sahen wir einen unfassbaren Sternenhimmel, bevor es ins Bett ging. Die Nacht war schweinekalt und obwohl wir alles, was wir dabei hatten, angezogen hatten, froren wir und schlafen konnte ich leider auch nicht richtig. 5 Uhr sollte es am nächsten Tag losgehen, mit einer halben Stunde Verspätung ging es es dann auch. Schnell war klar, dass die anderen aus der Gruppe wieder nicht mit uns mithalten können und wir teilten uns auf. Georg, Nelio und ich wechselten uns immer ab mit Rucksacktragen, weil wir nur einen mit nach ganz oben nahmen. In eisiger Kälte kamen wir gut voran, auch wenn uns fast die Finger und Zehen abfroren - so muss sich Reinhold Messner im Himalaya also gefühlt haben ;) Wir liefen die ganze Zeit durch Wolken und man konnte keine 20 Meter weit sehen. Irgendwann über der Baumgrenze dann ein Schild inmitten der Geröllwüste: 500m bis zur Spitze, das gibt uns nochmal Kraft, ich komme bei diesem Aufstieg echt an meine Grenzen. Inzwischen sind wir auch einige hundert Meter im Kongo - obwohl die Porter und Soldaten, die uns 3 begleiten, das vehement abstreiten, aber wir haben ja das GPS auf unserer Seite. Schlussendlich sind es dann doch mehr als 500 Meter bis wir endlich oben auf dem höchsten Punkt Ruandas sind, aber das ist uns dann am Ende, als wir oben stehen auch egal. Es geht ein ordentlicher Wind, der zur Nasskälte dazukommt und die Wolken um uns versperren leider die Aussicht. Wir flüchten uns in ein Gebäude der zerstörten Wetterstation und verspeisen unser Proviant. Plötzlich klart es auf - ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das ein Wunder Gottes war. Wir lassen alles stehen und liegen und rennen hinaus, um Bilder zu machen und die Aussicht in den Kongo und nach Ruanda zu genießen. Nach 2 Minuten zieht es sich wieder zusammen und es ist Zeit für den Abstieg, damit wir uns nicht noch weiter auskühlen. Mir wird zwar verboten, den Züttlingen-Sticker aufzukleben, aber ich kann diesen Ort nicht verlassen, ohne eine Erinnerung an mein Heimatdorf da zu lassen. In einem unbemerkten Moment, verewige ich mich und Züttlingen dann doch noch in Form des Stickers an der Tür der Wetterstation.

Auf dem Weg nach unten treffen wir 2 der anderen, die auf ihrem Weg hoch eine Freundin "zurücklassen" mussten. Der Abstieg fällt leicht und wir sind schnell wieder am Basecamp angelangt. Ätzenderweise lässt uns der Guide nicht gehen, ohne die anderen. Wir reden auf ihn ein und nachdem uns auch die anderen Wanderer zur Seite springen, willigt er schließlich ein und lässt uns mit 2 Soldaten und einem Porter voraus gehen. Mit Motos fahren wir zurück zum Bahnhof in Musanze und von dort aus nach Kigali.


Inzwischen bin ich ja wieder zurück in Deutschland, ich versuche den restlichen Aufenthalt noch in einem nächsten und vielleicht letzten Blogeintrag, die nächsten Tage/Wochen zusammen zu fassen.

Gruß Jannes

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