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Zwischen Sporttheorie und rostigen Nägeln

David ist an dem Abend zwar nicht mehr gekommen, aber trotzdem steht inzwischen fest, was wir neben Sport unterrichten werden. Ich werde Mathe und Englisch machen, Katharina übernimmt auch Mathe und dann noch Musik. Der Unterricht ist jetzt zwar richtig angelaufen, zum Großteil aber noch ohne uns, da der Stundenplan nochmal geändert wird, weil demnächst noch eine Lehrerin an die Schule kommt. Erst dann wird uns Platz geschaffen für den eigenen Unterricht. Das beschränkt unser aktives Handeln bisher auf den Mittwoch, wo Sportunterricht stattfindet. Die Kinder wollen meistens Fußball spielen und finden das Aufwärmen, welches wir immer machen überflüssig. Oft kommt die Frage, wann wir denn Fußball spielen. Da wir leider nur einen Fußball haben, können wir keine Übungen mit den Kindern machen und lassen Sie dann stattdessen einfach so gegeneinander spielen, was ihnen aber überhaupt nichts ausmacht. Es gibt regelmäßig ein Sturm auf die Leibchen von Katharina, die wir verteilen, damit ich meiner Aufgabe als Schiedsrichter gerecht werden kann. Natürlich wollen aber nicht alle Fußball spielen. Daher ist es gut, dass wir 2 Freiwillige sind, denn so kann Katharina für die anderen ein Restprogramm in Form von mehreren Springseilen anbieten. Wir haben bereits versucht über Noah, der bei der Jumelage arbeitet, an gespendete Bälle zu kommen, das hat leider nicht geklappt, da wir keine Partnerschule sind. Deshalb haben wir jetzt den ASC Göttingen angefragt, ob ich ein Teil meiner überschüssigen Spenden (danke dafür nochmal) verwenden darf, das Repertoire an Sportmaterialien zu erweitern, was uns gestattet wurde. Dazu aber nochmal ein bisschen mehr, wenn wir die Sachen dann besorgt haben.

Wir gewöhnen uns auch immer mehr an Nyanza und den Lebensalltag hier. Es ist zwar immer noch ein komisches Gefühl von jedem angeschaut zu werden, aber von der Höflichkeit her gibt es keinen Unterschied zwischen Züttlingen und hier. Man wird immer gegrüßt und es wird auch erwartet, dass man zurück grüßt. Nur die Kinder die man auf der Straße trifft, rufen oft "umuzungu give me money", da ist der Kinyarwanda-Unterricht sehr hilfreich, so können wir uns auch in der lokalen Sprache "wehren". Der Weg zum Markt führt an Feldern und einem kleinen See vorbei und sieht (wie das Convention Center bei Nacht) so schön aus. In Nyanza kann man auch viele Vögel in den exotischsten Farben sehen. Leider war ich bisher noch nicht schnell genug, um einen zu fotografieren.


Der Ausblick, wenn man im Obergeschoss der Schule steht

Im Hintergrund sieht man noch den See, so laufen wir normalerweise immer zum Markt

Das halbe Tal als Panoramafoto

Da Katharina nur alle 2 Wochen nach Kigali geht, bin ich am Donnerstag (6. Oktober) alleine in Richtung Hauptstadt gefahren. Dort stand freitags natürlich erstmal wieder Kinyarwanda-Kurs an, in welchem wir lernten uns vorzustellen. Wir mussten dieses Mal in einen Klassenraum der GS Kimisagara ausweichen, die auch auf dem Gelände von Esperance liegt, was so viel Aufmerksamkeit erzeugte, dass wir den Unterricht vorzeitig abbrechen mussten.



Abends nahm uns (Nico und ich) Job mit zum Spiel seines Lieblingsteams Rayon Sport gegen Musanze FC, wo wir auch Noah und seine Arbeitskollegen Thomas und Fidele trafen. Rayon Sport gewann nach einem chancenarmen Spiel im Elfmeterschießen und stand somit im Finale am Sonntag. Aufgrund der Feierlaune des Rayon Sport-Teams ergatterte Noah sogar ein Trikot von einem Spieler.

Samstags (8. Oktober) waren Anton, Jessy, Lily (Freiwillige bei Esperance von einer anderen Entsendeorganisation) und ich sowie Paula und Noah bei deren Nachbars Hochzeit. Die Hochzeit bestand aus 3 Teilen: Am Anfang gab es den traditionellen Teil, eine Art Verhandlung zwischen den Väter (die natürlich auf kinyarwanda war, weshalb wir fast nichts verstanden) bei welcher sich die Familien gegenseitig beschenkten. Danach gab es Essen und im Anschluss war die kirchliche Hochzeit auf dem Programm, die im Groben der deutschen Hochzeit ähnelt nur mit mehr Gesang und deutlich wenigeren Gästen (die meisten sind auf dem Hochzeitsgelände geblieben). Was wir nicht wussten war, dass danach noch Fotos am Convention Center gemacht werden. Noah und Jessy waren schon auf dem Moto zurück (Paula und Lily sind gar nicht erst mit in die Kirche) und Anton und ich wurden von anderen Gästen im Auto mitgenommen, die dann uns eben erklärten, dass jetzt die Fotos anstehen. Also haben wir jetzt Fotos mit dem Brautpaar aber ohne die Freunde, die uns eingeladen haben. Der dritte Teil einer ruandischen Hochzeit ist die Geschenkübergabe, bei der jede Familie/Gruppe aufgerufen wird, die dann zum Brautpaar tanzen muss und ihnen das Geschenk übergibt.


Die Traditionelle Kleidung ...

... wurde für die Kirche in ein Brautkleid getauscht

Da es bereits die Sonne untergegangen war, wir sowieso wieder nichts verstanden und ich mich bereits mit den anderen ASC-Freiwilligen zum Fußball schauen verabredet hatte, machte ich mich auf den Heimweg und schaute mit den anderen noch Dortmund gegen Bayern in der Bar gegenüber der Kimisagara-WG an. Am Sonntag (9. Oktober) war wie immer Fußball, wir verzichteten aber auf das Spikeball und ich fuhr gegen 17 Uhr zum Busbahnhof, um mir ein Ticket nach Nyanza zu kaufen. Dachte ich zumindest, denn als ich dort ankam, meinte die Frau am Schalter, dass alles nach Nyanza für heute schon ausgebucht war. Also kurz überlegt und dann direkt ein Tickt für Montag 5 Uhr gekauft, was sicher nicht die klügste Entscheidung war. Einen Vorteil hatte es jedoch, denn so konnte ich Sonntag abends noch mit Nico, Jessy, Noah, Peter und Anton zum Finale des "Made in Rwanda-Tournaments" zwischen Rayon Sport und Kiyovu Sport, welches leider in einem 1:2 für Kiyovu endete, da Rayon Sport in der 92. Minute einen Elfmeter verschossen. Die Stimmung das ganze Spiel über war sehr ausgelassen und es wurde nur selten hitzig zwischen den 2 Fanlagern, die direkt nebeneinander standen, obwohl es ein Derby war.


Mit Noah und einem Rayon Sport Ultra. Dabei darf natürlich nicht die Vuvuzela und eine Pflanze fehlen

Mit wenig Schlaf ging es für mich montags dann zeitig in den Bus nach Nyanza, den ich auch schnell fand. Glücklicherweise war es ein neueres Modell und ich hatte die Hoffnung, noch ein wenig im Bus zu schlafen - hatte, weil der Busfahrer das Radio auf kompletter Lautstärke anhatte und die Fahrgäste damit beschalte. Dazu kam auch noch, dass der Bus so früh noch weiter fährt und daher nicht nach Nyanza rein fährt, sondern man irgendwo vorher aussteigen muss, was ich natürlich nicht wusste. Irgendwann fragte mich mein Nebensitzer, wo ich denn raus müsse und auf meine Antwort zeigt er hinter uns und meinte, dass Nyanza da liege. Netterweise sagte er dem Busfahrer Bescheid, der mich in der nächsten Stadt rauslies und seine Kollegen sollten mir einen Platz in einem Bus organisieren, welcher demnächst aus der anderen Richtung nach Nyanza fährt, da fraglich war, wann der Bus tatsächlich kommt und ich einfach nur übermüdet heimwollte, nahm ich das Angebot von einem Motofahrer an, mich für 1500 RWF nach Hause zu fahren. Da wir weiterhin nur Unterrichtsunterstützung waren, war es auch nicht weiter schlimm, dass ich dann den Vormittag verschlief und erst nachmittags am Unterricht teilnahm.

Dienstags (11. Oktober) trafen Katharina und ich uns mit Jonas, dem einzigen anderen weltwärts-Freiwilligen aus Nyanza in einem Restaurant, um uns auszutauschen und auch den ersten Monat in Ruanda zu feiern, den wir unbeschadet (das sollte sich in kurzer Zeit allerdings ändern) überstanden haben. Am Mittwoch (12. Oktober) haben wir dann auch das erste Mal Sporttheorie gelehrt (wieder zum kleinen Leidwesen der Schüler, die natürlich wieder viel lieber normal Sport gemacht hätten), da die Schüler in Ruanda schon in der Grundschule National Exams in der Sporttheorie haben, dafür aber keine Noten in der Praxis bekommen.

Donnerstags fuhr Katharina wieder mit nach Kigali, dass dieses Mal deutlich länger dauerte, da wir aufgrund einer Straßensperrung eine Umleitung fuhren. Der Bus fuhr sogar an unserer Kimisagara-WG vorbei, hielt mit schwerwiegenden Folgen für mich jedoch trotz unseres - per Klopfen angekündigten - Haltewunschs nicht an und fuhr weiter bis zum Bahnhof. Auf dem Weg zu den Motos lag ein Brett, in welchem ein paar Nägel steckten, das ich allerdings im Dunkeln nicht sah beziehungsweise nicht darauf achtete. Deswegen trat ich voll in einen Nagel, der sich durch meinen Schuh in meine Fußsohle bohrte, woraufhin ich stolperte und der Nagel wieder aus meinem Fuß ging. Da ich keine Ahnung hatte, wo ich hin sollte, fuhren wir mit den Motos zu unserer WG, wo glücklicherweise Job war, der mit mir dann ins Krankenhaus fuhr, wo meine Wunde gesäubert wurde, ich einen Verband und eine Tetanus-Impfung bekam und mir 2 Medikamente verschrieben wurden. Job besorgte mir dann am nächsten Tag noch Krücken und ich bin aktuell auf dem Weg der Besserung, mein Verband wurde gewechselt und die Wunde ist inzwischen zu. Da die Fahrt zurück nach Nyanza sonntags noch zu früh gewesen wäre und ich am Mittwoch (19. Oktober) sowieso nochmal zum abchecken in die Klinik fahren musste, entschied ich nach Absprache mit Katharina, der Kimisagara-WG und unserem Headteacher David in Kigali zu bleiben, bis ich mich wieder erholt habe.

Kinyarwanda-Kurs stand freitags (14. Oktober) natürlich trotzdem an. Dort lernten wir nützliche Verben, Verneinungen und die ersten Fälle der Deklination. Ansonsten war Ruhe für mich angesagt. Beim Fußball am Sonntag war ich lediglich als Fan dabei und nach dem Abchecken im Krankenhaus wurde bei uns der Geburtstag von Daniel (einem local friend von uns) gefeiert.


Jeder schneidet mit dem Geburtstagskind ein Stück vom Kuchen an

Von links nach rechts: Nico, Christian, Nelio (hinten), Santos, Daniel und ich

Daniel, Cora und ich

Montags (17. September) probierten Nico, Nelio und ich ein Kino in Downtown Kigali aus, welches es durchaus mit den Kinos in Deutschland aufnehmen kann. Unsere Befürchtung, dass der Film (the woman king) auf kinyarwanda oder kisuaheli gezeigt wird, bewahrheiteten sich zum Glück nicht, auch wenn es die ersten Minuten keinen Ton gab.


Nach dem Kinobesuch mit Nico und Nelio darf eine Stärkung natürlich nicht fehlen

Die in der WG gebliebenen machten einen Filmabend daheim, dem ich mich, nachdem wir heimkamen, anschloss und so kam ich auch noch in den Genuss Interstellar zu schauen. Am Dienstag (18. Oktober) war ich bei Noah und Paula in Kacyiru zu Gast und da die lange Regenzeit inzwischen angefangen hat (von September/Oktober bis Dezember) und es so stark regnete, dass keine Motos fuhren, konnte ich spontan bei ihnen schlafen. Mittwochs war dann das Topspiel im DFB-Pokal zwischen dem VfB Stuttgart und der Arminia Bielefeld, welches hier frei empfangbar auf Youtube lief. Da Cora als Bielefelderin Arminia-Fan ist (und ich natürlich VfB-Fan bin) schauten wir das Spiel zusammen mit Nico (als neutralen Zuschauer) in der Kimisagara-WG. Noah (auch Bielefeld-Fan) sagte kurzfristig ab, was für ihn vielleicht auch gut war, denn der VfB gewann mit 6:0.

Jetzt seid ihr endlich wieder auf dem neusten Stand, für mich gehts Ende der Woche dann endlich wieder nach Nyanza, wo Katharina inzwischen alleine die Stellung halten musste..

Bis nächstes Mal!

Viele Grüße,

Jannes

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